Es ist Februar. Draußen ist es grau in grau. Alle triathletisch angehauchten Bewohner des OSL Kreises (und darüber hinaus) fragen sich ob Körperwaagen eigentlich im Januar anders kalibriert werden müssen und ob stundenlanges Radputzen oder stundenlanges Auf-der-Stelle-köcheln das kleinere Übel ist. Kurz gesagt: Allen Mitliedern der Reisegruppe „Denk an die kleine Amplitude!“ steht das Grinsen ins Gesicht geschrieben. Es ist nämlich auch Trainingslagerzeit. Der Rabenberg ruft und die Mitglieder des Tri Team Senftenberg strömen wie immer zahlreich in Richtung Breitenbrunn.
Nachdem unterwegs noch mehrmals die Zimmerbelegungen hin und her getauscht wurden, versammelten sich Donnerstag pünktlich 18.30 Uhr alle im natürlichen Habitat des gemeinen Triathleten (dem Buffet). Nach den ersten 4-5 Tellern wurde von vergangenen Heldentaten geschwärmt und sich neugierig gefragt, was es denn eigentlich mit dem mysteriösen Trainer auf sich hat, der in der Teilnehmerliste stand. Wie Ole zu berichten wusste, kündigte sich niemand geringeres als der mehrmalige IM 70.3 Gewinner, deutsche Meister auf der Langdistanz 2018, ITU Weltmeister in der Staffel 2013 und Brandenburger Triathlonaushängeschild an. Bereits nach der 7. Nachfrage war selbst den Daheimgebliebenen endgültig klar: Franz Löschke war Stargast und mit der durchaus herausfordernden Aufgabe betraut, uns bei allen technischen Herausforderungen, die der triathletische Bewegungsablauf so mit sich bringt, sanft in die richtige Richtung zu schubsen. Voller Vorfreude ging es zeitig in Kojen. Scharfer Schwimmstart war schließlich jeden Morgen 7 Uhr. Merke: Wer sich mit ruhelosen Rentnern das Zimmer teilt, muss frühmorgens keine Angst haben, den Wecker zu überhören da ab ca. 5 Uhr Bewegung im Zimmer ist. Am ersten Tag zumindest noch.
Der erste Schwimmblock brachte anders als in manchen Jahren nicht die erste Handvoll km im Wasser, sondern es galt volle Konzentration auf den korrekten Bewegungsablauf. Ein Beinschlag mit kleiner Amplitude und Anspannung im Po standen weit oben auf der To-do-Liste. Schon erstaunlich wie weit man ganz ohne Krafteinsatz im Wasser treiben kann wenn man sich lang und flach macht. Manche von uns zumindest. Großes Kompliment an unseren Trainer, dass er beim Anblick des Elends im Becken vor ihm nicht doch plötzlich einen wichtigen Anruf bekommen hat und ob des humpelnden Hamsters daheim jetzt leider doch ganz plötzlich wieder abreisen müsse. So schwammen sich alle Beteiligten durch hohe Ellenbogen, Abdruck, Sprints und nicht zu vergessen die kleine Amplitude. Habe ich schon die elementar wichtige kleine Amplitude erwähnt? Franz tat das auf jeden Fall öfters.
Nach ausgiebigem Stärken am Buffet wurde schnell noch ein wenig Wachs auf die Bretter, die die Welt bedeuten, versprüht und ab ging es in die Loipe. Manche skatenderweise, manche klassisch aber alle mit vollem Einsatz brachten die Rundloipe um den Rabenberg oder zumindest das, was wir dafür hielten zum Glühen. Trotz leichter Probleme beim Bremsen an der ein oder anderen Stelle kamen wir alle ohne den Einsatz des Rettungshubschraubers zurück. Erfolg auf ganzer Linie also und damit das nächste Buffet redlich verdient. Merke: Wer sich mit ruhelosen Rentnern das Zimmer teilt, findet immer jemanden der motiviert genug ist noch ein kurzes Bergläufchen vor die nächste Einheit zu quetschen. Am ersten Tag zumindest noch.
Nach kurzer Rast stand des Triathleten Lieblingseinheit an: Stabi! Was immer unser Trainer auch im Sinne hatte, mit uns zu veranstalten – beim Anblick der wahlweise krächzenden, schlafenden oder um Gnade winselnden Halbinvaliden vor ihm wurde das Programm spontan auf 15 Minuten Stabi und sonst überwiegend Dehnung reduziert. Eine Übung, bei der man die Bewegungen eines auf dem Rücken liegenden Käfers imitieren sollte, brachte unsere äußere Erscheinung wohl ganz gut auf den Punkt.
Ohne große Pause ging es abermals ins Becken, um – der geneigte Leser ahnt es – die kleine Amplitude und den hohen Ellenbogen zu festigen. Ein „Bei den meisten von euch sieht das schon besser aus als heute früh“ sorgte für Motivation, auch wenn man sich insgeheim doch intensiv mit der Frage beschäftigen musste, ob man selber nicht eher zum Teil zählte, der sich genauso vergeblich abmühte wie morgens. Großen Dank an dieser Stelle an den Sportwart, der ob leichter aber leider doch langanhaltender Schmerzen von draußen assistierte und Videos zur nachträglichen Analyse aufnahm.
Nach dem erneuten Sturm auf das Buffet, ließen wir den Tag bei einer Runde Skat, auftauenden Cocktails oder einem Gang in die Sauna ausklingen.
Am zweiten Morgen offenbarten sich bereits deutliche Unterschiede zum Vortag. Der Wecker klingelte 6.30 Uhr und offenbar war bisher noch keine Bewegung im Zimmer. Er klingelte bereits seit 4 Minuten und im Bett neben mir rührte sich immer noch nichts. Lauteres Ansprechen meines rüstigen Nebenmannes brachte ebenfalls keine Reaktion. Sollte ich mir ernsthaft Sorgen machen? War der letzte Anstieg des Rabenbergs gestern doch zu viel? Nach weiteren 3 Weckversuchen konnte Entwarnung gegeben werden. Merke: Am 2. Tag Trainingslager sind die ruhelosen Rentner schon etwas weniger ruhelos.
Zurück im Wasser wurde mit verschiedenen Spielzeugen versucht, uns das Leben etwas zu erleichtern, um sich nur auf eine Sache konzentrieren zu können. Der Autor dieser Zeilen kann zu Protokoll geben: Es braucht schon zusammen gebundene Beine und einen Pull Buoy (Übrigens: nicht zu verwechseln mit dem Pool Boy. Das sind die mit Schirmchencocktail und Fliegerbrille), um die kleine Amplitude annähernd einzuhalten. Immerhin erstreckte sich das Feld derjenigen, die sich verbessert hatten inzwischen schon auf „die allermeisten“. Blieb offenbar immer noch ein Rest, der weiterhin eher aktives Ertrinken betrieb.
Das Wetter war trockener als angekündigt, daher ging es nach dem obligatorischen 7-Gänge-Frühstück für die meisten nochmal in die Loipe. Auch der Rodelhang wurde eifrig genutzt. Gentlemen wie sie nun einmal sind zogen Klaus und Totti eifrig die weiblichen Rodlerinnen den Hang hinauf. Auf der tschechischen Seite war die Loipe indes deutlich besser zu fahren und so kamen auch hier nochmal einige km auf dünnen Brettern zusammen.
Die nächste Schwimmeinheit stand diesmal schon auf dem Nachmittag auf dem Plan, damit anschließend genug Zeit für das jährliche Mobilisieren der letzten Kraftreserven beim Ballsport blieb. Vorher musste aber noch ein Gruppenbild für die Vereinschronik gemacht werden. Nachdem bereits das halbe Trailcenter auf der Suche nach einem passenden Hintergrund umgeräumt wurde, fiel die Wahl schlussendlich doch auf eine schwarze Wand. Die Lösung ist immer einfach, man muss sie nur finden.
Leider galt das nur bedingt für die Bedienung des Fotoapparates eines gewissen rüstigen Rentners aber auch diese Herausforderung konnte schlussendlich gemeistert werden. Anschließende Koordinations- und Reflexschulung beim einbeinigen Ballfangen deutete schon, dass die Stärken des gemeinen Ausdauersportlers eher beim repetitiven Ausführen einer möglichst simplen Bewegungsabfolge war und weniger bei Körperkoordination und technisch anspruchsvoller Ballbehandlung. Beste Voraussetzungen für das folgende Basket- und Volleyballspiel also. Obwohl einige die Manndeckung beim Basketball sehr wörtlichen nahmen, zeigten sich hier ungeahnte Talente. Falls sich jemand an die McDonalds Werbung von Michael Jordan und Larry Bird erinnert, in der sie über Straßenzüge, durch offene Fenster und über 10 Banden den Korb trafen: Heute würde man wahrscheinlich Lebron James und Kathrin Barber dafür casten. Auch beim Volleyball gaben wir alles und selbst als die Mannschaftsstärke abnahm, spielten die Letzten bis das Licht ausging.
Frisch gestärkt gab es abends noch Triathlon der extremen Art auf Video zu bestaunen: Schwimmend, radelnd und laufend um die ganze Welt. (A.d.R. Jonas Deichmann „Das Limit bin nur ich“) Verrückt auf welche Ideen Leute kommen können und verrückt, wie viel Eis in einem Bart gefrieren kann, während man durch die Weite Russlands radelt. Kein sportliches Ziel für Jedermann aber auf jeden Fall eine filmische Empfehlung für Jedermann, der mit dem Ausdauerdreikampf sympathisiert.
Vor dem Frühstück stand am Sonntagmorgen die letzte Schwimmeinheit an. Franz gab noch einmal alles, uns einer guten Schwimmform näher zu bringen und tatsächlich: Das finale Fazit lautete, dass „Alle schon deutlich besser als am Anfang“ aussahen. Das sollte allen genug hydrostatischen und mentalen Auftrieb für die neue Saison geben. Großen Dank an dieser Stelle an die Organisatoren unseres Trainingslagers, unserem Trainer Franz Löschke, dem Trail Center Rabenberg und dem Wettergott, der uns noch 2 schneereiche Tage vor dem nächsten Tauwetter beschert hat. Bring it on, 2023!
Geschrieben von Leo