Triathlon-Team Senftenberg
Zimmer hatte ich im Scandic Emporio Hamburg gebucht, dem offiziellen Pro Hotel, das kannte ich schon und lag strategisch super zur WK-Strecke. Zur Registrierung traf ich mich mit einem Bekannten, der auch am Sonntag am Start war, Plan war gemeinsam sich zu registrieren, um die Räder in der Wechselzone nebeneinander zu haben. Anschließend gabs die WK-Besprechung auf dem Jungfernstieg und ruck zuck war auch der Freitag schon vorbei. Samstag gabs eine sehr kurze Vorbelastung mit Lauf vorm Frühstück und sehr kurzem Schwimmen in der Alster, das An- und Ausziehen hat in jedem Fall länger gedauert. Ich wollte kein Risiko eingehen, das Wasser war immer noch recht frisch.
Zum Bike Check In traf ich mich wieder mit meinem Bekannten, alles ging recht zügig voran, Rad eingehangen, Beutel aufgehangen und dabei nochmal km gemacht, in der wahrscheinlich längsten Wechselzone der Welt, ich war Race Ready aber immer noch ziemlich nervös. Mein Supporter war indessen auch in Hamburg eingetroffen, abends gabs noch ein Telefonat mit Holm, wir besprachen nochmal die 3 Disziplinen, hinsichtlich Rolling Start, Wattbereiche auf dem Rad und Pace beim Marathon. Dazu hatte Holm doch nochmal etwas mentale Arbeit vor sich, die Zweifel kamen wieder. Scheint gewirkt zu haben, ich hatte meine Ruhe wieder zurück und selbst eine Mail am Abend von Ironman, bzgl. der Wetterlage zum Schwimmstart, mit Starkregen und Gewitter, beunruhigte mich nicht mehr.
Race Day – der Wecker war auf 4:04 Uhr gestellt, die Wechselzone sollte um 5:30 Uhr öffnen, die Nacht war wie immer vor einem Ironman etwas unruhig, aber eigentlich okay. Erstmal ein Kaffee getrunken, Regenradar gecheckt, da war schon ziemlich klar, ein Start ab 6:30 Uhr wird nicht möglich sein, der Himmel wurde immer dunkler und die ersten Gewitter waren auch schon zu sehen. Gegen 4:30 Uhr kam dann die Nachricht von Ironman, kein Start wie vorgesehen, die nächste Info kommt gegen 5:30 Uhr, es soll sich keiner draußen aufhalten. Erstaunlicherweise war ich zu diesem Zeitpunkt tiefen entspannt, da eine zeitliche Verschiebung nicht allzu viele Möglichkeiten bot, rechnete ich mit einer Verkürzung der Schwimmstrecke, was mir sicherlich entgegengekommen wäre, kaltes Wasser und ich sind nicht wirklich die besten Freunde, aber ich dachte zu dem Zeitpunkt wäre doch voll blöd, wenn wir kürzer schwimmen. Ich wollte 3,8km schwimmen und nicht weniger!!! Ich hatte mich mental auf alle Wetterlagen eingestellt, mich im Mai mit Krämpfen durch den Badesee in Cottbus gekämpft, ich war sowas von bereit, auch auf das Schwimmen.
Gegen 5:40 Uhr dann die Nachricht von Ironman, Start der Profifrauen um 7:00 Uhr, Beginn Rollingstart ab 7:10 Uhr, geschwommen werden 3,8km, die Wechsel Zone öffnet um 6:30 Uhr. Puh, damit begann das Chaos, eine verstopfte Wechselzone und Hektik. Das konnte mich nicht aus meiner Routine bringen, ich bereite das Rad vor, Radcomputer, Radschuhe und Verpflegung am Rad angebracht, wollte ich noch schnell aus meinem integrierten Tank, aus dem Schlauch eventuell vorhandene Luft rausziehen, bloß kam da nix raus, schitt, Zeit um noch lange zu probieren hatte ich nicht, okay dann ist es ebenso, meine Kohlenhydratmischung berechne ich immer mit Reserve, noch ein kurzer Griff an das Vorderrad, da müsste noch Luft rein, mache ich eigentlich immer früh vor dem Wettkampf, nur war durch die knappe Öffnung der Wechselzone das überhaupt nicht mehr möglich. Dann eben mit etwas weniger Luft im Reifen, die Straßen waren eh nass.
Viel Zeit zum Nachdenken gabs nicht mehr, schnell noch paar Kohlenhydrate zu mir genommen, Neo an und in den Bereich 1:15h-1:20h Schwimmzeit gestellt, sehr optimistisch, jedoch hatte ich bisher bei dem letzten Schwimmen immer die Erfahrung gemacht, in dem Block dahinter, 1:20h-1:25h, war ich nur am Dauerüberholen und Tritte von Brust schwimmenden Beinen in Magen und Kopf waren keine Seltenheit. Die Alster wartete auf mich, nervös war ich nicht mehr, ich war bereit, kam recht gut in einem Schwimmrhythmus, bis ich schnell feststellen musste, ich war nur am Überholen, was das Schwimmen über solch eine Strecke nicht einfacher macht, ständig musste ich anhalten/ausweichen, weil vor mir kein Durchkommen war, ich wurde während des gesamten Schwimmens nicht einmal überholt. Nach 1:21h bin ich dann aus der Alster gegrabbelt, trotz ein paar zusätzlicher Metern mehr, durch dieses ständige Zick Zack Überholen. Irgendwann werde ich auch mal ein Rolling Start erwischen, wo fast jeder seine Schwimmfähigkeiten einigermaßen richtig einschätzt und sich entsprechend einsortiert. Darauf freue ich mich schon jetzt, 3,8km mal, ohne ständige Tritte und Schläge und Zick Zack Überholmanöver zu schwimmen.
Nach dem Schwimmen kommt bekanntlich das Laufen in Hamburg, knapp 1km Wechselzone, dann begann die Disziplin, die ich beim Ironman am liebsten mache, 180km Rad, ich hatte noch nicht mal richtig meine Radschuhe an, da schepperte es an den ersten größeren Unebenheiten im Asphalt, mein BTA-Flasche flog in hohen Bogen auf den Asphalt. Ist mir auf den teilweisen recht schlechten Straßen auf meinen Trainingstrecken noch nie passiert. Okay nun wurde es eng mit meinen Kohlenhydraten, ich hatte im Rahmen noch 2 Aeroflaschen mit Verpflegung, jedoch für die gesamte Strecke eventuell etwas zu wenig. Kurz darauf merkte ich, die Rad Beine hatte ich heute nicht, meine angestrebte Wattzahl fühlte sich viel zu schwer an. Niemals konnte ich dies über 180km treten. Relativ schnell habe ich für mich entschieden, nur nach Gefühl zu fahren, die Wattwerte blendete ich auf meinem Garmin aus.
Nach 90km fiel ich in ein mentales Loch, warum auch immer ich weiß es nicht. Die Stimmung an der Radstrecke war super speziell in Hamburg und ich fuhr in meine 2. Radrunde, verpflegte mich weiter und irgendwann hatte ich den Rad Part geschafft. Runter vom Rad und erstmal barfuß 800m zum Wechselbeutel gewackelt, die Beine fühlten sich nicht wirklich gut an. Auf dem Weg zum Beutelständer, ging ein heftiges Unwetter los, Hagel und Starkregen, Wind aus allen Richtungen, ich schaffte es gerade noch so, den Beutel zu schnappen und ins Umkleidezelt zu rennen. Da zog ich mir erstmal gemütlich die Laufschuhe an, draußen stand das Wasser mittlerweile knöcheltief, das Zelt war in der Zwischenzeit voll mit Leuten, 2 Männer hielten die Zeltstangen fest, damit es nicht wegflog. Raus auf die Laufstrecke wollte keiner, ich nahm nochmal ordentlich Kohlenhydrate zu mir und nach einer gefühlten Ewigkeit, habe ich den Anfang gemacht, hing mein Beutel an den Ständer und stand komplett in ca. 20cm tiefen Wasser. Okay, vor mir lag noch der Marathon, die Disziplin mit den größten Fragezeichen, ich lief los, nass war ich jetzt eh von oben bis unten, erstmal den Jungfernstieg entlang, lagen 4 Runden vor mir, es ging durch riesige Pfützen und Matsch, störte mich alles nicht, ich versuchte meinen Rhythmus zu finden.
Plan war von Anfang an, an den Verpflegungsstationen zu gehen und mich gut mit Wasser und ggfs. Kohlenhydraten zu versorgen. Der Plan funktionierte, ich war komplett im Tunnel, die Stimmung an der Strecke war einmalig, hab ja schon einige Ironmans absolviert, war 4x in Roth am Start aber diese Stimmung war nicht zu toppen. So vergingen 3 Runden, ich fühlte mich relativ gut, bis bei ca. km 32 mir ein heftiger Krampf in den rechten Oberschenkel zog, ich wollte es nicht glauben, im ersten Moment dachte ich, ich habe ein Muskelfaserriss, aus eigenen Erfahrungen weiß ich wie sich so etwas anfühlt, ich blieb erstmal stehen, dehnte und massierte etwas und lief wieder los. Ich staunte selbst über mich, mental war ich immer noch sowas von bereit, ich versuchte weiter den Focus zu behalten. Ich musste dann leider immer mal wieder anhalten und dehnen, aber irgendwie kam das Ziel dann doch noch relativ schnell nah.
Der Zieleinlauf, ohne Worte, ich denk das Bild sagt alles!!!
Da ich zwar im Wettkampf eine Uhr trage aber während des gesamten Wettkampfes nie auf diese schaue, war ich dann als mein Supporter mir die Zeiten nannte doch etwas überrascht, besonders über die Marathonzeit und umso glücklicher, an die vielen Minuten, die ich beim 2. Wechsel im Zelt vergammelt hatte, dachte ich überhaupt nicht mehr. Ich war zufrieden mit dem, was ich an diesem Tag trotz einiger Tiefen, abrufen konnte, bedeutend mehr als ich es vorher erhofft hatte.
Zurück im Hotel, bekam ich schonmal einen Vorgeschmack auf das, was an Muskelkater in den nächsten Tagen auf mich warten sollte, ich hatte noch nie am ganzen Körper Muskelkater, selbst den Kopf zu halten tat weh.
Nur durch zureden meines Trainers, einiger Leute, die schon auf Hawaii gestartet sind, sowie eines Vereinsmitgliedes, ging ich zur Slotvergabe, mein Supporter musste leider schon wieder fahren, so ging ich allein hin, keinerlei Aufregung oder Nervosität, ich ruhte komplett in mir, hatte ich doch gestern mich am meisten schon selbst belohnt, zu keiner Sekunde verschwendete ich überhaupt ein Gedanken daran, dass ich einen Slot bekommen könnte. In meiner AK gab es 4 Slots, als mein Name aufgerufen wurde, ruhte ich immer noch komplett in mir und es dauerte auch noch gut 10 Tage, bis ich es wirklich fassen konnte.
Aloha, heißt es für mich ab 30.09.2025 um am 11.10.2025 bei der Ironman WM auf Hawaii an den Start zu gehen. Ich bin unendlich dankbar dafür, viele haben mich auf diesen Weg begleitet, allen voran mein Mann, der es akzeptiert hat, das gemeinsamer Urlaub eigentlich Trainingslager heißt und die unzähligen Stunden auf mich verzichten muss, in den meisten Fällen ist er wahrscheinlich froh darüber, dass ich meine Energie lieber schwimmend, Rad fahrend und laufend einsetze.
Mahalo an alle die Teil dieses Weges waren und sind, Claudia